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Wer wirbt wann wofür?

Gerichtsentscheidungen zum Influencermarketing

Dec 18, 2019

Werbung für ein Produkt muss als solche kenntlich gemacht werden. Dabei spielt es keine Rolle, über welches Medium Werbung verbreitet wird. Oftmals ist es allerdings gar nicht so einfach, zu erkennen, wer wann was wo und wie kenntlich machen muss.

Wer Werbung verbreitet, egal über welches Medium, muss sie grundsätzlich auch als solche kenntlich machen. Die zentralen Vorschriften für das Influencermarketing finden sich im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), im Telemediengesetz (TMG) sowie im Rundfunkstaatsvertrag (RStV). Alle drei Regelwerke legen sinngemäß fest, dass der werbliche Hintergrund eines Beitrages erkennbar sein muss.

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) regelt in seinem § 5a Abs. 6 folgendes:

„Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.“

Es gilt, die Begrifflichkeiten Werbung, Schleichwerbung, Produktplatzierung und Produktbeistellung zu differenzieren.

Grundbegriffe

Nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV ist unter Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs zu verstehen, die entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird – wenn das Ziel verfolgt wird, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern. Das Gesetz und letztlich auch der Bundesgerichtshof (so der BGH z. B. im Urteil vom 12. September 2013, Aktenzeichen: I ZR 208/12) gehen von einem sehr weiten Werbebegriff aus. Abgesehen von der unmittelbar produktbezogenen Werbung wird auch die mittelbare Absatzförderung erfasst, also beispielsweise Imagewerbung oder Sponsorings.

Im Unterschied dazu geht es bei Schleichwerbung um die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Unternehmens, wenn sie absichtlich zu Werbezwecken erfolgt. Sofern hierbei eine entsprechende Kennzeichnung unterbleibt, kann dies für die Allgemeinheit irreführend sein. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt. Soweit eine solche Schleichwerbung aus dramaturgischen Gründen notwendig ist, wird sie als „Produktbeistellung“ bezeichnet. Da hierbei die Inszenierung z. B. eines bestimmten Produkts dem Fortgang der Handlung dient, ist eine bloße Produktbeistellung zulässig, solange sie unentgeltlich erfolgt. Zudem muss sie entsprechend gekennzeichnet werden.

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Liegt hingegen eine sogenannte Produktplatzierung vor, also die Inszenierung eines Produkts gegen Entgelt, so ist das Schleichwerbung und folglich rechtswidrig. Bei der Abgrenzung zwischen (rechtswidriger) Schleichwerbung und (zulässiger) Produktbeistellung sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit müssen unbeeinträchtigt bleiben
  • die Produktplatzierung darf nicht unmittelbar zum Kauf der Ware auffordern bzw. verkaufsfördernde Hinweise enthalten
  • das Produkt darf nicht zu stark herausgestellt werden (wie es etwa in einem Werbespot der Fall wäre)

Postings in den sozialen Medien müssen daher deutlich gekennzeichnet werden, wenn sie als Werbung bzw. Produktplatzierung einzustufen sind.

Kennzeichnungspflicht oder nicht?

Neben der Frage, wann ein Beitrag als Werbung zu kennzeichnen ist, muss in der Praxis nicht selten das Problem geklärt werden, wie eine Kennzeichnung korrekterweise zu erfolgen hat. Grundsätzlich ist es so, dass ein Werbeposting in der Art gekennzeichnet werden muss, dass ein durchschnittlich informierter Nutzer des angesprochenen Verbraucherkreises (z. B. ein durchschnittlicher YouTube- oder Instagram-Nutzer) den kommerziellen Zweck erkennen kann. Zweifel gehen hierbei zu Lasten des Influencers.

Mit dieser Problematik musste sich u. a. auch das Oberlandesgericht (OLG) Celle im Urteil vom 8. Juni 2017 (Aktenzeichen: 13 U 53/16) befassen. Ausgangspunkt der Entscheidung war, dass ein Influencerposting durch einen kurzen Hashtag („#ad“) gekennzeichnet worden war, der als einer von vielen im Posting auftauchte. Nach Ansicht des OLG Celle hätte die Kennzeichnung jedenfalls hervorstechend gestaltet werden müssen, indem sie beispielsweise am Anfang der Tagcloud platziert oder in anderer Weise hervorgehoben dargestellt würde.

Im Unterschied dazu stufte das Kammergericht (KG) Berlin in seinem Beschluss vom 11. Oktober 2017 (Aktenzeichen: 5 W 221/17) eine Kennzeichnung mittels „#ad“-Hashtag generell als unzureichend ein. Dadurch, so die Berliner Richter, könne keine korrekte Kenntlichmachung von Werbung im Rahmen eines deutschsprachigen Social-Media-Profils erfolgen.

Und auch der BGH hat in seinem Urteil vom 6. Februar 2014 (Aktenzeichen: I ZR 2/1) die Angabe der englischsprachigen Bezeichnung „sponsored by“ jedenfalls für den Bereich deutschsprachiger Printmedien als nicht ausreichend eingestuft.

Zwar ist die Frage der Art der Kennzeichnung damit weitgehend geklärt. Aber leider gibt es aktuell noch keine einheitliche Linie in Bezug auf die Frage, wann etwas als Werbung gekennzeichnet werden muss.

Fall 1: Eine unbekannte Influencerin

Das OLG Frankfurt a. M. hat in Bezug auf eine (jedenfalls dem Autor derzeit noch) unbekannte Influencerin eine Kennzeichnungspflicht für Postings mit werblichem Charakter bejaht (Beschluss vom 24. Oktober 2019, Aktenzeichen: 6 W 68/19). Der kommerzielle Zweck eines Postings muss stets kenntlich gemacht werden, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen des betreffenden Postings ergibt. Die Frankfurter Richter vertraten die Ansicht, dass ein Posting jedenfalls dann als Werbung einzustufen sei, wenn der Beitrag mit Verlinkungen auf die Websites der Hersteller der jeweiligen Produkte versehen (also getaggt) ist. Dies gelte selbst auch dann, wenn nicht für jeden der platzierten Tags eine Gegenleistung erfolgt ist.

Fall 2: Cathy Hummels

Eine weitere Entscheidung zum Influencermarketing hatte das Landgericht (LG) München I in einem Verfahren gegen die Ehefrau des Fußball-Profis Mats Hummels, Cathy Hummels, zu treffen (Urteil vom 29. April 2019, Aktenzeichen: 4 HK O 14312/18). Auch sie hatte in verschiedenen Postings die Kleidung, die sie auf den jeweiligen Fotos trug, getaggt und dadurch mit den Internetseiten der Kleidungshersteller verknüpft. Dabei hatte sie eine Kennzeichnung als Werbung unterlassen. Nach eigenen Angaben habe sie dafür auch kein Entgelt oder sonstige Leistung erhalten, sondern die Verlinkungen aus reiner Begeisterung über die Kleidungsstücke gesetzt. Die Münchner Richter vertraten in ihrer Entscheidung die Auffassung, dass der Social-Media-Account von Cathy Hummels mit einer Frauenzeitschrift zu vergleichen sei. Denn es sei offensichtlich, so das Gericht, dass sie nicht mit allen der über 450.000 Follower befreundet sein kann. Ihr Account sei damit insgesamt eindeutig als kommerziell zu werten, weshalb es sich auch nicht um unlautere Werbung handele.

Fall 3: Pamela Reif

Mit Urteil vom 21. März 2019 (Aktenzeichen: 13 O 38/18) hat das LG Karlsruhe entschieden, dass das Taggen von Fotos ohne Werbekennzeichnung unzulässige Schleichwerbung darstellt. In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall ging es um ein Posting der Influencerin Pamela Reif. Es war mit im Foto eingebetteten Verlinkungen zu den jeweiligen Herstellern der Markenkleidung versehen, die sie auf dem streitgegenständlichen Bild trägt. Dieser Beitrag war nicht als Werbung gekennzeichnet, was die Karlsruher Richter als rechtswidrig einordneten. Das Geschäftsmodell eines Influencers liege allerdings darin, vermeintlich private Inhalte mit kommerziellen zu vermischen. Hierdurch würde sowohl das beworbene Unternehmen als auch die eigene Person gefördert. Das sei aber für die oft jugendlichen, teilweise kindlichen Nutzer nicht immer ersichtlich. Aus diesem Grund müsse jedes Influencerposting eine Kennzeichnung als Werbung aufweisen, so das Gericht.

Fall 4: Vreni Frost

Ein Beitrag der Influencerin Vreni Frost war Gegenstand der Entscheidung des LG Berlin (Urteil vom 24. Mai 2018, Aktenzeichen: 52 O 101/18). Hier kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass ein Influencer mit einer nicht nur unerheblichen Anzahl von Followern in seinen Postings wirbt. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn er in seinen Postings die Websites der Hersteller der erwähnten bzw. abgebildeten Produkte oder gar direkt auf einschlägige Webshops verlinke. Nach Ansicht der Berliner Richter handelt es sich auch dann um kennzeichnungspflichtige Werbung, wenn der Influencer keine Gegenleistung oder andere Anreize für das Posting erhalten hat. Daher müsse im Grunde jedes Posting als Werbung gekennzeichnet werden.

Das KG Berlin bewertete die Entscheidung des LG Berlin als zweite Instanz etwas anders (Urteil vom 8. Januar 2019, Aktenzeichen: 5 U 83/18). Es könne nicht pauschal von werblichen Inhalten ausgegangen werden. Vielmehr seien der konkrete Inhalt und die besonderen Umstände jedes einzelnen Postings zu prüfen. So sollen beispielsweise Beiträge mit weltanschaulichem, wissenschaftlichem, redaktionellem oder verbraucherpolitischem Charakter dann nicht als Werbung einzustufen sein, wenn es darin um Unternehmen oder andere Personen geht und dies nicht in funktionalem Zusammenhang mit einer Absatz- oder Bezugsförderung steht.

Praxistipp

Die Medienanstalten stellen einen kostenlosen Leitfaden zur Werbekennzeichnung bei Social-Media-Angeboten bereit (www.die-medienanstalten.de/service/downloads). Bei den Medienanstalten handelt es sich um die Dachmarke der 14 Landesmedienanstalten in Deutschland. Zuständigkeit besteht etwa für die Zulassung und Aufsicht der privaten Radio- und Fernsehveranstalter. Außerdem prüfen sie die Einhaltung von Werberegeln oder auch Jugendschutzbestimmungen.

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